001 - Helle Tage, dunkle Schuld by Eva Völler

001 - Helle Tage, dunkle Schuld by Eva Völler

Autor:Eva Völler [Völler, Eva]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: History
Herausgeber: Droemer eBook
veröffentlicht: 2023-08-31T22:00:00+00:00


*

Im Haus war alles schon dunkel, es fiel kein Licht von dort auf die Straße, und die beiden waren ein ganzes Stück von der nächsten Laterne entfernt. Trotzdem konnte er von seinem Versteck aus sehen, wie sie in enger Umarmung dastanden und sich küssten.

Der Hass wallte in ihm auf wie ein gallebitterer Schwall, und es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass es ihm tatsächlich hochkam, obwohl er geschworen hätte, dass es unmöglich war, weil er den ganzen Tag außer einem kleinen Stück Brot nichts gegessen hatte. Es war die pure Magensäure, die von unten in seine Speiseröhre schoss und in seiner Kehle brannte.

Seine Faust umschloss das Heft des Messers so fest, dass er seine Gelenke knacken hörte, und in diesem Augenblick kostete es ihn schier übermenschliche Selbstbeherrschung, nicht auf der Stelle loszustürmen und das Schwein abzustechen. Wie konnte dieser Bulle es wagen! Und wie konnte Anne es zulassen, dass der Kerl sich so an sie heranmachte!

Sein Herz raste zum Zerspringen, er bekam keine Luft mehr. Vor seinen Augen waberten rote Schleier, und unversehens geriet er ins Taumeln und verlor das Gleichgewicht. Er stolperte gegen die Abfalltonnen, hinter denen er sich versteckt hatte; sie standen seitlich neben dem Haus, flankiert von struppigen Sträuchern und einer Mauer, die als Sichtschutz diente, um die dreckigen, stinkenden Tonnen abzuschirmen. Vielleicht auch, um die Ratten fernzuhalten, die genauso hungrig waren wie alle übrigen Bewohner der näheren Umgebung.

Sein Bemühen, sich an der Mauer abzustützen und so zu verhindern, dass er Geräusche verursachte, schlug fehl. Die Tonne kippte unter dem Anprall seines Körpers weg und knallte mit Geschepper gegen die andere, die danebenstand.

Ein erschrockener Blick zur Straße zeigte ihm, dass Anne und der Bulle auseinandergefahren waren und zu ihm herüberstarrten.

»Da ist jemand«, hörte er den Bullen sagen.

Anne verharrte reglos, das Gesicht in seine Richtung gewandt.

Es war wohl besser, wenn er verschwand. Jedenfalls fürs Erste. Kaum hatte er den Entschluss gefasst, rannte er auch schon los. Die Straße runter und in die Dunkelheit, weg von Anne. Sie hatte ihn trotzdem erkannt. Er hörte es an ihrem Schrei.



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